Tag Fünf

Wir verlassen den Kibbuz, der eine wahrlich bewegte Geschichte von der Gründung durch jüdische Freischärler im osmanischen Reich bis hin zum heutigen kommerziellen Steinbruch- und Hotelbetrieb hinter sich hat. Auf dem Weg zum heutigen Ziel, den See Genezareth, besuchen wir das malerische Quellgebiet des Jordans, sodann einen erloschenen Vulkan auf den Golanhöhen, der lange Zeit als militärische Bastion diente, sowie die - in der Tat deutsch verwaltete - Brotvermehrungskirche an dem Ort, wo Jesus einst Brot und Fisch für tausende Hungernde verteilte. Der Reihe nach. Im Naturreservat Banyas, dessen Name vom griechischen Gott Pan stammt, befindet sich das Quellgebiet des Jordans mit einem ebenjenem Gott gewidmeten antiken Tempel, der an der Stelle einer noch älteren Kultstätte errichtet wurde. Die Gegend ist wirklich traumhaft, mit paradiesischem Grün, Felsen, Bächen, einfach himmlisch. In der Nähe entdecke ich an einem kleinen Verkaufsstand ein T-Shirt mit der Aufschrift "America don't worry, Israel is behind you". Und wie so häufig in diesen Tagen wird mir die Gefahr, die auch über diesem Paradies schwebt, gegenwärtig.

Die Brotvermehrungskirche ist wie alle sakralen Gebäude dieses Landes eine Touristenattraktion. Und auch hier wieder staune ich, wie überall und vor allem auch bei den riesigen Anlagen der Bahai am nächsten Tag, über die gute finanzielle Situation der jeweiligen Hüter der - stets kostenfrei zu besichtigenden - Stätten: Im Bassin des Innenhofs schwimmen ein paar Dutzend große und kleine Koi-Karpfen in allen denkbaren Farbmustern. Ein kleines Vermögen, und gewiss war es kein Wunder, das diese Fischlein vermehrte.


Die ehemalige Militärbastion ist heute eine Art Museum mit vielen Industriedesign-Kunstwerken am Wegesrand und Silhouetten schießender Soldaten direkt auf dem Gipfel des Vulkanberges. Von hier aus konnte man spielend leicht die Dörfer der Umgebung kontrollieren und eben auch beschießen. Einige Schützengräben und Granatwerfergestelle sind noch immer vorhanden - ebenso wie echte Soldaten, die übrigens an bisher allen Mahnmalen und Gedenkstätten anzutreffen waren. Stets in voller Montur mit Maschinenpistole, obwohl sie ganz offensichtlich eine Art Mannschaftsbildungsfahrt unternehmen. Am See Genezareth rauche ich zwei Zigaretten, was ich bislang eigentlich eher vermieden habe. Aber ein anregendes Gespräch verleitete mich.